Für Schauspieler Christian Ulmen ist im Tatortteam aus Weimar die letzte Folge in „Der feine Geist“ abgedreht. Seine Rolle als Komissar Lessing, dessen Vorname tatsächlich unbekannt ist, ist tot. Erschossen. Doch, ist sie das wirklich?
Wer zur klassichen Sendezeit um 20:15 Uhr sonntagsabends Das Erste einschaltet, bekommt schon lange nicht mehr „den klassischen Tatort“ zu sehen. Mittlerweile auch nicht mehr, den Tatort, den man von dem Ermittlerteam erwartet. Es wird den Figuren eine gewisse Rolle in die Wiege gelegt. Kriminalhauptkommissar Frank Thiel und Rechtsmediziner Prof. Dr. Dr. Karl-Friedrich stehen wie Lessing und Kira Dorn, gespielt von Nora Marie Tschirner, bekanntermaßen für die etwas heiteren Tatorte. Bei denen es nicht todernst zugeht.
Im letzten gezeigten Tatort am Neujahrstag haben sich Lessing und Dorn, das Ermittlerpaar, die Ehre gegeben und für einen überraschenden Auftakt in das Jahr 2021 gesorgt. Erst am Schluss erfährt der Zuschauer, dass Lessing erschossen wurde und die ganze Zeit als „Geist“ an der Seite von Kira Dorn weiter „lebt“. Zu dieser überraschenden Wendung hat sich jetzt Christian Ulmen selbst geäußert:
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Trauergemeinde,
„der Tod muss abgeschafft werden. Diese verdammte Schweinerei muss aufhören. Wer ein Wort des Trosts spricht, ist ein Verräter.“
Das hat Bazon Brock gesagt, das sehe ich leidenschaftlich auch so, und immer wenn ich gegen das Sterben argumentiere, wird mir erklärt wie super der Tod sei, er gehöre zum Leben, die Ewigkeit sei öde, erst Endlichkeit würde Momente kostbar, sogar sinnvoll (!) machen (was türlich Bullshit ist, ich hatte meine dreijährige Tochter mal gefragt, ob sie deshalb wieder und wieder auf diesem Pony reiten wolle, weil ihr klar wäre, dass sie einmal stirbt – das verneinte sie vehement, sie kannte das Konzept Vergänglichkeit gar nicht und fand trotzdem alles goil und wollte nie ins Bett vor lauter Kostbarkeit der Momente).Jedenfalls dachte ich, wenn alle so okay mit dem Tod sind, kann ich ja auch mal im Tatort sterben. So geschehen gestern, und schon ist das Geschrei groß. 🙄
Wirklich: Vielen Dank für Eure Anteilnahme! 💐
Wer aus Lessings Tod keinen gesteigerten Wert der hinterlassenen 11 Weimar-Tatorte mit crazy Norma Tschirrer 😱😍 und mir ableiten kann und einfach nur traurig über die unfassbare Zumutung der Sterblichkeit ist, der weint mit Fug und Recht.Und doch: Natürlich wird Tatort Weimar weitergehen! 🎉
Zwar nicht, wie wir gestern alle überraschend erfahren haben, mit Dorn und Lessing als Ermittlerpaar, aber anders doll. „In Weimar ist alles möglich“, steht über dem Pissoir im Hotel Elephant und an der Kantinenwand des @mdr_th – sogar Geister und Hallus. Goddogottt. Die Kreativität der Leudde hinter Dorn und Lessing ist „nicht tot zu kriegen“, wie wir in Rudolstadt immer gesagt haben. Das doch was Schönes.
So bleiben wir gespannt und zuversichtlich im Angesicht der Unverschämtheit, dass wir alle sterben werden, und freuen uns demütig auf neues Tatgeorte aus Weimar… ❤️
In Liebe.
Christian Ulmen auf Instagram
Die Idee, die Figur des Komissar Lessing als Geist weiter leben zu lassen, soll von Ulmen selbst stammen. Ob das Konzept aufgeht, urteilen am Ende die Zuschauer.
Fazit: Tatort ist nicht mehr gleich Tatort. Immer wieder wird das Format für Experimente, sei es von Produzenten, Regisseuren, Schauspielern oder Autoren (aus)genutzt. Den klassischen Krimi gibt es nur noch selten in diesem Format. Selbst bei den Ermittlerteams weiß man nicht, was einen diesmal erwartet. Hätte Till Schweiger, als Nick Tschiller, noch den Vorspann geändert bekommen, wäre nichts mehr von den alten ARD-Tatoren übrig geblieben. Wie alles im Leben, ist auch dieses Format Geschmackssache. Und am Ende entscheidet allein die Quote.