Wahre Rächer oder Rächer als Ware?
Dem Kehraus nach dem Event X-Men vs. Avengers folgt wieder einmal ein Neubeginn für die Rächer. Captain America und Tony Stark wollen das stärkste Heldenteam der Erde auf einen neuen Status Quo heben. Neben den klassischen Rächern Cap, Thor, Iron Ma, Black Widow, Hulk und Hawkeye soll es noch einen erweiterten Kreis von neuen Avengers geben, die dann zu dem Team stoßen, wenn es einmal so arg zwickt, dass der innere Kreis eine Bedrohung nicht allein bewältigen kann. Cap und Iron Man müssen sich mit der Rekrutierung beeilen, denn auf dem Mars lauert schon der passende Gegner …
Nach fast vierzig Jahren fleißigen Lesens der Rächer sehe ich mit großen Worten angekündigten, neuen Epochen, erschütternden Veränderungen etc. relativ gelassen entgegen. Denn eines habe ich gelernt: die einzige Konstante bei den Rächern ist die Veränderung. Sind von der ersten Serie sage und schreibe über vierhundert Ausgaben erschienen, kann man Anno 2014 schon froh sein, wenn die Nummerierung eine zweistellige Zahl erreicht.
Schneller, höher, größer, weiter, aber auch rastloser scheint das Motto auch des neuen Stars am Autorenhimmel, Jonathan Hickman, zu sein. Er erweiterte die Gruppe um Cap und Co. gleich um sechzehn (ich hoffe, ich habe da richtig gezählt) neuen Mitgliedern. Dabei wildert Hickman bei den X-Men und bei den Shi´ar. Er macht leider nicht einmal vor Spider-Man und Wolverine, die ich viel lieber in Straßen- und Kneipenschlägereien als im Kosmos sehe, halt. Einige Helden davon sind mir sogar so unbekannt, dass ich nicht einmal deren Namen kannte (Shang-Chi, Manifold). Ich hoffe, dass Hickman nicht einen zu großen Brocken sich und uns Lesern aufgetischt hat, denn ein großer Teil der 152 Seiten (sie enthalten die US-Ausgaben Avengers #1-#6) geht für die Rekrutierung und Charakterzeichnung drauf, wobei bei dieser Masse leider zu viel nur angedeutet bleibt.
Traditionell gekämpft wird übrigens auch noch, und zwar auf dem Mars, wo sich drei Möchtegerngötter daran machen, die Erde mittels Biobomben in eine Art „Agar-Ökotopia“ zu verwandeln. Da die klassischen Rächer (übrigens viel zu schnell) scheitern, eilt Cap mit der zweiten Garnitur zu Hilfe. Erzählt ist das Ganze dabei soweit ganz gut, zieht sich aufgrund des vielen Drumherums aber zu sehr hin. Im Grunde wirkt es, als wären diese ganzen sechs Einzelhefte nur ein zu lang gezogenes Vorspiel für eine weitaus größere Bedrohung, die am Ende auf die Erde wartet.
Ganz verzückt war ich hingegen von einem mir bisher unbekannten Künstler: Gerome Opena. Seine Darstellung irgendwo zwischen Fotorealismus und Pop-Art, unterstützt von einer tollen Colorierung, haben mich restlos begeistert. Da konnte nicht einmal das ebenfalls gute Talent des Adam Kubert ab der US-Ausgabe #4 mithalten.
Am Ende gibt es noch eine neunseitige Covergalerie mit sage und schreibe zwanzig (!) Covers und Variants. So schön diese alle gestaltet sind, so zeigt es aber auch, wie diese ansonsten so schöne Frucht namens Rächer vom Verlag ausgedrückt wird.
Rezension von michidiers, Oldenburg
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