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Lady Killer (Graphic Novel) – Rezension

Lady KillerWir befinden uns in den Vereinigten Staaten von Amerika zu Beginn der 60er Jahre. Josie Schuller ist eine attraktive Hausfrau, treusorgende Ehefrau, eine nette Nachbarin und liebe Mutter von zwei süßen Töchtern. Der Rasen im Vorgarten ist frisch gemäht und am Abend werden Gäste zu einer Cocktailparty erwartet. Doch was keiner ahnt: Josie führt ein Doppelleben als eiskalte Auftragsmörderin einer streng geheimen Organisation der US-amerikanischen Regierung, unter Insidern als Firma bezeichnet …

Ja, es gab tatsächlich einmal eine Zeit, in der der amerikanische Traum noch wahr war: die USA konnte noch echte Kriege gewinnen, die Wirtschaft brummte, die Autos wurden immer riesiger, Martin Luther King war noch ein relativ unbekannter Prediger, J.F. Kennedy weilte noch unter den Lebenden und Vietnam war ein unbedeutender Reis- und Bambusstaat irgendwo in Asien. In dieser Epoche siedelt das Autorengespann Joelle Jones und Jamie S. Rich die Miniserie „Lady Killer“ zeitlich an und schafft damit das interessante Setting des „noch nicht zerbrochenen amerikanischen Traums“, der ja erst ein paar Jahre später wie eine Seifenblase zerplatzen sollte.

Jedoch schon die Anfangssequenz reißt den Leser aus der scheinbaren Geborgenheit dieser heilen Welt. Verkleidet als klinkenputzende Avon-Beraterin verschafft sich Josie Schuller Zutritt zu einem gepflegten Vorstadthaus, das von einer alten Dame mit Morgenmantel und Lockenwicklern in den Haaren, sowie ihren zwei Zwergpinschern bewohnt wird. Das Verkaufsgespräch entpuppt sich im weiteren Verlauf dann dermaßen blutig, dass einem davon die Haare zu Berge stehen. Es ist ein gutes Beispiel, unter welch schicker Fassade das kommende Unheil lauert.

Josie, die schöne, kaltblütige Killerin der Firma (offenbar ist das eine Anspielung auf die CIA), gerät aber bald selbst ins Visier ihres Auftraggebers und kommt auf die Abschussliste. Doch damit nicht genug: schließlich sind zwei quengelnde Töchter zu versorgen, ein von der Arbeit kommender Ehemann zu beköstigen und die immer misstrauisch werdende Schwiegermutter auf Abstand zu halten. Und dann muss noch der Einkauf erledigt werden, es wartet die ehrenamtliche Arbeit im Hospiz und am Abend will noch eine Party geschmissen werden. Man fragt sich als Leser oft, wie Josie diesen Spagat über die vielen Jahre ihrer Ehe geschafft hat und der Mann vom Doppelleben nie etwas mitbekam. Hier hakt es ziemlich in der Logik. Alles ist sehr schnell, ja rastlos erzählt, so dass sich kaum Möglichkeiten bieten, den Haupt- und Nebenfiguren Tiefe zu verleihen. Und die Begründungen ihrer dauernden Abwesenheiten von der Familie sind nach meiner Meinung recht blass. Ebenso ist der Grund, warum Josie auf die Abschussliste ihrer Organisation gerät, nicht wirklich nachvollziehbar. Die Story bleibt somit recht oberflächlich, zumindest so oberflächlich wie die amerikanische Gesellschaft dieser Zeit …

An der Qualität des Artworks ist hingegen nichts zu bemängeln. Trotz sehr dynamischer Zeichnungen wird Wert auf kleinste Details gelegt, um dem Zeitgeist der frühen 60er zu entsprechen. Kleidung, Schuhe, Einrichtungen, Tapeten und Autos fangen diese Zeit optimal ein und beweisen eine gute Recherche des Künstlerteams.

Fazit: Eine sehr rasante, aber auch über Strecken oberflächliche Geschichte mit einem Artwork, das die frühen 60er genial einfängt. Wer sich an den Schwachpunkten der Story nicht stört und eine durchsetzungsfähige Killerin in makellosen „Mad Men“ – Outfits mit einem Schuss Erotik mag, der ist hier genau richtig.

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