„Giovannis Insel“ ist ein mehrfach mit Preisen ausgezeichneter Anime aus dem Hause Production I.G, das sich international u. a. mit dem Science-Fiction-Klassiker „Ghost in the Shell“ einen Namen gemacht hat. Nun ist der Film von Regisseur Mizuho Nishikubo auch in Deutschland – herausgegeben von Universum Anime – auf DVD und Blu-ray erschienen.
Wer bei dem eher beschaulich anmutenden Titel und der Altersfreigabe ab 6 möglicherweise zunächst bloß an einen gemütlichen, kleinen Kinderfilm denken mag, der irrt. Denn „Giovannis Insel“ nimmt sich ein durchaus ernstes – hierzulande wenig bekanntes und auch in Japan fast verdrängtes – Kapitel der Geschichte vor: Auf die einschneidenden Folgejahre nach dem Zweiten Weltkrieg zurückblickend erzählt uns Junpei von seinen Kindheitserinnerungen auf Shikotan, einer idyllischen Insel im Norden Japans.
Wir schreiben den 15. August 1945: Aus dem Radio erfahren die Dorfbewohner von der endgültigen Kapitulation und bereiten sich verängstigt auf die bevorstehende Zeit der Besatzung vor. Doch anders als erwartet erscheinen nicht die Amerikaner auf der kleinen Kurilen-Insel, sondern die sowjetische Rote Armee. Den Entbehrungen und der Furcht zum Trotz gelingt es Junpei zusammen mit seinem kleinen Bruder Kanta, die nun mit Vater und Großvater im Stall wohnen müssen, ein Stück der unbeschwerten Kindheit in die neue Zeit hineinzuretten. Ständiger Wegbegleiter der beiden auf ihren gemeinsam erträumten Reisen zu den Sternen ist die „Galaktische Eisenbahn“, mit der es einfach überall hingeht…
Das Kinderbuch „Night on the Galactic Railroad“ von Kenji Miyazawa (einem der heute populärsten Dichter Japans) bildet vor dem ernsten historischen Hintergrund das poetische ‚Herzstück’ des Films. Denn genau wie für Giovanni und Campanella auf der galaktischen Eisenbahnlinie gilt für die Brüder Junpei und Kanta nicht nur für ihre Fahrten durchs Universum stets: „Wir gehen überall gemeinsam hin…“
Ohne zuviel aus dem durchaus noch dramatischen Verlauf der Geschichte vorwegnehmen zu wollen, lässt sich sagen, dass Regisseur Mizuho Nishikubo mit „Giovannis Insel“ – wie ich finde – ein kleines Meisterwerk gezaubert hat. Behutsam und doch mitreißend wird hier aus Kinderaugen eine Geschichte erzählt, die – trotz traumatischer Erfahrungen wie Krieg, Not und Vertreibung – am Ende dennoch vor allem von Freundschaft und Versöhnung handelt. Einziger kleiner Kritikpunkt wäre aus meiner Sicht, dass unter sonst starken Figuren gerade die Tochter des russischen Kommandeurs Tanya, die sich mit Junpei anfreundet und eine tragende Rolle spielt, etwas blass bleibt. Hervorzuheben ist nicht zuletzt die malerische Optik des Films: Vor allem die ausdrucksstark in Szene gesetzten Landschaften haben es mir angetan und können für sich genommen schon als kleine Gemälde gelten.
Fazit: Auch, aber nicht nur für Kinder und Anime-Fans ist „Giovannis Insel“ definitiv eine Entdeckung wert.