Adrian Veidt ist intelligent, attraktiv, und steinreich, scheint immer allen anderen einen Schritt voraus zu sein. Er ist aber auch narzisstisch, unsympathisch und kompromisslos in der Durchsetzung seiner Vorhaben. Als Ozymandias ist er einer der Watchmen aus Alan Moores gleichnamigem Meisterwerk, in welchem er am Ende für eine grauenhafte Katastrophe sorgt, um eine noch schlimmere, atomare Apokalypse zu verhindern. Was hat Ozymandias dazu gebracht, so eine Handlung zu begehen, wie ist er zu dem geworden, was er in Moores Werk darstellt?
Mit Len Wein hat sich einer der großen Altmeister aus der Comicbranche dieser Figur und Frage aus Watchmen angenommen. Er legt die Geschichte dabei als Autobiografie aus der Sicht von Adrian Veidt an, der immer wieder mit Erklärungen aus dem „Off“ die wichtigsten Ereignisse seines Lebens kommentiert. Der Vorteil an dieser Art des Erzählens liegt auf der Hand: der Leser erfährt verdammt viel aus dem Leben von Adrian Veidt und die Gründe, die zu seiner Entwicklung zum tragische „Weltretter“ führten. Vielleicht erfahren wir dabei etwas zuviel, denn ab und an ergeht sich Wein in einer zu genauen Beschreibunge der Aktionen, die sich oftmals schon aus der Logik oder aus den Bildern von alleine erklärt hätten. Er bläht damit das Leseerlebnis des Sechsteilers, er enthält die US-Ausgaben Before Watchmen: Ozymandias #1 – #6 unnötig auf, beantwortet die Frage nach dem Warum allerdings nicht unbedingt.
Vielleicht hatte sich Len Wein bei seinen mitunter zu opulenten Texten den Zeichnungen von Jae Lee anpassen wollen? Lee steht dem nicht viel nach, denn er zeichnet nicht, er schafft verschnörkelte, fast schon barocke Gemälde auf den Seiten. Entsprechend pomadig wird dabei der Lesefluss bei solch einer geballten Ladung von undynamischen Bild und erklärendem Text. Lees tolle Zeichenarbeit in Ehren, und seine Bilder sehen für sich alleinstehend einfach Klasse aus, lassen aber leider oft die nötige, und für einen Comic wichtige, Eigendynamik vermissen.
Jedenfalls hat Len Wein aber dafür gesorgt, uns interessierte Leser mit Hintergrundinformationen zu versorgen, hat dazu Adrian Veidts Autorbiografie nahezu perfekt in die Geschichte der Watchmen eingewoben. Glücklicherweise hat er dabei die in den vorhergehenden Before Watchmen – Ausgaben überstrapazierte sexuelle Komponente außer Acht gelassen und beweist, dass es noch Superheldencomics gibt, die auch ohne Sex und Erotik auskommen…. Dabei hätte er durch die angedeutete Bisexualität Veidts in Werk und Film doch so manche Steilvorlage gehabt, die ein anderer, übermotivierter Autor sicher liebend gerne angenommen und ausgeschlachtet hätte.
Fazit: Eine Biografie mit durchaus Informationsgehalt, in der aber über Strecken die erzählerischen Aspekte etwas zu kurz kommen. Für Leser, die Watchmen kennen und mehr über die Figuren und Hintergründe wissen wollen, ist die Ausgabe eher geeignet, als für diejenigen, die eine Superheldenstory im herkömmlichen Sinne lesen wollen.
Rezension von michidiers, Oldenburg