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Gold: Ein deutscher Spätwestern – Kritik

gold-westernDie Vorfreude auf den Film war groß. Ein Western. Nicht nur irgendeiner, ein deutscher Western! Das ist schon fast so eine Rarität wie Spiele, die einfach nur Spaß machen. Mit „Gold“ hat Regisseur Thomas Arslan aus Braunschweig, nachdem er zumeist Portrait-Filme drehte, sich endlich mal wieder dem Western-Genre in Deutschland angenommen. Allerdings handelt es sich bei dem Film, der im Sommer 1898 zur Zeit des Klondike-Goldrauschs spielt, um einen Spätwestern. Gedreht wurde an den Originalschauplätzen in Kanada. Es geht um eine deutsche Gruppe an Auswanderern, die alle nur eins wollen. Nach Dawson, Gold sammeln und reich werden. Die Teilnehmer haben auf eine Anzeige von Wilhelm Laser (gespielt von Peter Kurth) reagiert und schließen sich dem sechswöchigen 2500 Kilometer Marsch an. Mit dabei ist auch Emily Meyer (Nina Hoss), als einzige Frau. Ein Film für Westerfans und solche die es noch werden wollen?

Seit ein paar Jahren habe ich ein Faible für Westernfilme bei mir entdeckt. Weniger die Klamauk bzw. Komödien, sondern wirklich die Western, wo die Geschichte im Vordergrund steht. Als Spätwestern ist Gold eher im kritischen bzw. pessimistischen Bild der Zeit des Wilden Westens einzuordnen. Platz genug, für eine gute Story!

Als Schauspieler sind neben den schon genannten noch Marko Mandić als Wilhelm Lasern,  Uwe Bohm als Gustav Müller, Rosa Enskat als Maria Dietz, Wolfgang Packhäuser als Otto Dietz und Lars Rudolph als Joseph Rossmann mit dabei. Alle  nehmen an der Gruppenführung von Wilhelm Laser teil und sind fiktive Personen, wobei die Geschichte von Gold auf vielen Details aus Tagebüchern und Berichten von Teilnehmern des Klondike-Goldrauchs basiert.

Erwartet habe ich einen spannenden Western, wobei ich ehrlich gesagt doch einen wirklichen Westernfilm, als einen Spätwestern, im Kopf hatte. Allerdings fällt mir die Beurteilung auch bei dieser Betrachtung schwer. Gold kam am 15.09.2013 in die deutschen Kinosäle, lief aber bereits am 24.07.2013 schon in den französischen Kinos an, warum auch immer. Vielleicht haben die Franzsosen ein Faible für Spätwestern? Auf jeden Fall saßen am Ende der zweiten, deutschen, Kinowoche nur knapp eine handvoll Zuschauer im Saal. In der kommenden Woche wird Gold in unserer Stadt nur noch nachmittags gezeigt und danach ganz aus dem Programm geworfen. Woran liegt das?

Normalerweise sage ich nicht, dass es am Film liegt. Gold hat mich aber ein wenig enttäuscht, auch wenn mir die Nachbetrachtung immer noch schwer fällt, da ich versuche das Positive aus dem Film zu ziehen. Doch bleiben mir zu viele, wahrscheinlich gewollte, Fragen offen. Es geht um die Emanzipation der Frau, um Emily Meyer, die sich am Ende des Films gegen alle (starken) Männer durchsetzen wird, allerdings eher ungewollt. Nina Hoss spielt die Figur brilliant, keine Frage, allerdings hatte ich nicht den Eindruck, dass am Ende nur noch sie, als Frau überbleibt, weil sie sich als Frau durchgesetzt hat.

Neben der Reise, mit der Protagonistin Emily Meyer, steht der Ritt durch die Landschaften ganz klar im Fokus. Häufig erinnerten mich jedoch die Wälder an einen x-beliebigen (bayrischen) Wald, als an ein Westersetting. Die zahllosen Ritte durch die Landschaft ziehen sich zäh durch den ganzen Film. Die wenigen Zuschauer wirken ebenfalls etwas gelangweilt. Durch komplett schwarze Übergangseffekte wechselt Arslan von einer Szene zur nächsten und untermalt sie mit abgehackten E-Gitarren Klängen von Dylan Carlson, die nach einer Zeit eher nervig wirken und nicht zu der Weite des Landes passen. Ich hatte zu keiner Zeit das richtige Gefühl in einem Westernfilm zu sitzen. Statt elektronischer Instrumentalmusik, wäre eine klassiche Mundharmonika viel passender gewesen. Selbst eine Gitarre ohne E, gäbe wohl einen besseren Klang von sich.

Die Figuren neben Emily verschwinden nach und nach. Sei es durch Tod, Aufgeben oder Flucht. Die beste Szene hat Lars Rudolph, bei dem man schon zu Beginn merkt, dass er am ehesten die Strapazen nicht aushalten wird, was dann auch geschieht und der Schauspieler läuft als Joseph Rossmann splitterfasernackt durch die Wälder und verschwindet im Nichts. So ist es auch mit den anderen Handlungspersonen. Sie verschwinden. Wohin weiß man meistens nicht, außer sie sind tot. Das offene Ende verkörpert zudem ebenso nicht die Weite des Landes, sondern eher die Frage: Das wars? Und nun? Was passiert mit Emily? Was ist mit den anderen, die noch lebend das Geschehen verlassen haben? Warum hat Wolfgang Packhäuser den rechten Arm in der Verbandsschlinge, wenn er sich das linke Schlüsselbein gebrochen hat? Und, was will dieser Film uns sagen? Emily Hoss hat sich durchgesetzt gegen die Männerschaar, sie war die stärkste. Wirklich? Ich weiß es nicht und suche noch immer nach dem Sinn des Films. Schauspielerisch ist der Film erste klasse und großartig besetzt. Kurth als geldgieriger Gruppenleiter, Bohm als die verlörperte Nervensäge, sowie Mandić als fast der wahre Held der Geschichte. Das ältere Ehepaar, im Film die Familie Dietz, komplettiert die unterschiedlichen Typen, sodass für mehr schon gar kein Platz mehr wäre.

Fazit: Schade! Aber vielleicht liegt es auch an meinen Erwartungen. Doch die Vorfreude war größer und konnte nach dem Film nicht aufrecht erhalten werden. Einer der handverlesenen Kinogänger verließ pünktlich zum Abspann fast schon fluchtartig den Saal. Bis auf Cowboyhüte, ein paar Schußwechseln und dem dezenten Auftauchen einer Westernstadt, darf man bei diesem Spätwestern nicht viel mehr Westernelemente erwarten. Dennoch sind viele Klischees eines Western vertreten, zu den eben genannten gesellen sich noch mehrere Sterbeszenen (erhängt, erschossen, … Bein abgesägt) hinzu, doch fehlt das (Spät-) Westernfeeling.
Das Ziel des Films ist am Ende erreicht: Emily ist die Siegerin! Doch wie gerne würde ich mich lieber nach einem Film als solcher fühlen, als Sieger im richtigen Film gesessen zu haben.

Übrigens: Der Bügelverschluss, mit dem bekannten Plöpp-Geräusch, wurde 1875 erfunden.

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