Marsimoto hat das letzte Album gepitcht. Der alte Ego von Rapper Materia fliegt zurück zu seinem Planeten. Nach der Legalisierung von Cannabis scheint die musikalische Reise hierzulande beendet zu sein. Keine Intelligenz auf dieser Erde?
Eins vorweg: Ich kann mit dem Kiffen genau so wenig anfangen, wie wahrscheinlich manch andere mit der gepitchten Stimme von Marsi. Also gar nichts. Wie immer ist alles Geschmackssache, doch musikalisch kann ich im Gegensatz zum grünen Z(e)ug dem etwas abgewinnen.
Das ist Marsi
Marsimoto brachte das erste Album 2006 unter dem Titel Halloziehnation heraus. Die sehr hohe Stimme soll als Hommage an den US-amerikanischen Rappers Madlib entstanden sein, dessen Alter Ego Quasimoto heißt. Erkennungsmerkmal, neben der hochgepitchten Stimme, ist die grüne Maske und das ebenfalls grün gehaltene Outfit, unter dem sich Marten Laciny (geboren am Dezember 1982 in Rostock) verbirgt. Keine Intelligenz ist das siebte, wenn man die EP Green Juice dazu zählt, (und vorerst letzte) Studioalbum von Marsimoto mit insgesamt mittlerweile über 200 Songs. „Ein letzter Gruß, ein letztes Album. “KEINE INTELLIGENZ” ist eine Vorausschau auf die Postapokalypse. Aus Künstlicher Intelligenz wird Keine Intelligenz. Für Marsi ist es Zeit zu gehen“, so Marsimoto.
Ehrlich gesagt konnte ich mit den grünen Songs bisher nicht allzu viel anfangen. Doch das jetzt letzte Album hat mich gereizt. Nach einer Hör- und Durchlaufprobe wollte ich auf jeden Fall das Album auf CD haben. Trotz oder gerade wegen mehrfachem Durchhören auf YouTube. Neben dem Haptischen, was ich bei Alben irgendwie oldschool brauche, ist ebenfalls die Klangqualität doch besser als die kostenlose Variante via YouTube Music.
Das Album kommt in einer aufklappbaren Digisleeve-Hülle aus Pappe daher mit Schuber für die Musik-CD sowie einem 12-seitigen Booklet. Letzteres gefällt mir ebenfalls bei Alben sehr, doch leider sind diese immer weniger vorhanden oder es wird sich keine Mühe mehr gegeben. Das Booklet besteht bei Keine Intelligenz ebenfalls nur aus den Liedtexten, aber immerhin. Die Lyrics sind allerdings ein bisschen Star Wars-like mit 3D-Bild Schattierungen relativ klein durch die Schräglage in Großschrift abgedruckt. Meine 3D-Brille brachte allerdings keinen 3D-Effekt hervor. Ob in den Texten Fehler sind, oder es zwischendurch wirklich beispielsweise „Fee WLAN“ (in GAGA) heißen soll, ist die Frage. Leider gibt es keinen letzten Gruß von Marsimoto. Das hätte ich mir zumindest für die Albumkäufer im Booklet gewünscht. Immerhin gibt es eins. Gedruckt ist es eher matt und fühlt sich tatsächlich … cool an. Die Texte hat Marsimoto nicht alle selbst verfasst. Beteiligt waren an den Liedern zudem noch u.a. Yasha Conen, Nils Rudolf Glashagen (mit dem passenden Instagram-Profilbild), Hajo R. Bötticher, Thomas Runkel, Jakob Grunert, Tobi Regel, Stephen Rickert, Ben Burgwinkel, Joana Emetz, Natasha Kimberly und Sara Torchani. Einzig am letzten Lied „Greenstar©“ und dem „Animal Tzunami (2009)“ hat Marsimoto alleine getextet. Der „rauchende Nils“ ist an allen anderen Texten mit beteiligt.
Das Album beschäftigt sich tatsächlich nicht ausschließlich mit dem Kiffen und wird zwischendurch mal ein wenig politisch. Mit „Heile Welt“ beginnt die hohe Stimme – „Ja, der Mensch, der war hier das Problem. Die Rettung kam zu spät, zu spät, für dich.“ In „Colors“ wird es etwas weeder. „Alles ballert, Raum und Zeit verschallert.“ Die Beats und die Stimme passen in allen Songs zusammen. Natürlich muss man die gepitchte Stimme mögen. Es ist halt ein wenig wie eine bekiffte Micky Maus, die sich beschwert wie kacke die Welt doch sein kann. „Die Welt ist gaga.“ In Jacky gibt es ein Feature mit Sido und der normalen Stimme von Materia. In einem Interview mit Juice sagte Marten Laciny einmal: „Es ist wirklich schwierig, als Rapper mit tiefer Stimme cool zu sein. Azad schafft das. Oder Rick Ross. Da musst du mal drauf achten. Ich beneide die Rapper mit hohen Stimmen, als Marsimoto fällt mir das Rappen daher auch viel leichter.“ Dem kann ich irgendwie zustimmen. Denn der Rap und tatsächlich die Stimme gefallen mir als gepitchter Marsi besser, als Materias.
Der Titelsong „KI (Keine Intelligenz)“ wirkt gar nicht so unintelligent. „Wenn alles den Bach runter geht, bleibt nur Marsi. Keine Intelligenz.“ Ob die KI, die Künstliche Intelligenz wirklich mal zur Gefahr wird und Marsimoto den Planeten Erde zur rechten Zeit verlassen hat, bleibt abzuwarten. „Vom Gehirn nutzen wir nur 10 Prozent; gar nicht mal so intelligent.“ „Dip Ma Dengue“ hört sich irgendwie wirr an, aber trotz des Dengue, Malaria und Zika (Virus) droppt der Beat hier ebenfalls wieder. Das Lied, das mir am meisten im Gehirn bleibt, ist tatsächlich, neben KI, „Das Gehirn“. „Das Gehirn von H.P. Baxxter. Ich bin das Gehirn von alle Geisteskrank.“ Ob der Frontman von Scooter extra vor dieser Zeile platziert wurde, weiß nur der Autor selbst. „Das Gehirn von einem Flüchtlingsheim“ Und Marsi fügt im Hintergrund hinzu: „Willkommen.“ „Ich bin das Gehirn von ich brauch jetzt ma‘ ne Pause.“ Die künstlerische oder eine, die nicht endet? Der Refrain von „Nur eine Melodie“ bleibt ebenfalls im Kopf. „Nur eine Melodie. Keine Poesie. Ich rap‘ wie ODB.“ (Ol‘ Dirty Bastard?)
Natürlich bleibt es bei Marsimoto auch kifferig. „Mushroom No. 5 (feat. DJ Koze)“ oder „My Big Fett Green Edding“ tun ihr übrigens bis zur „Abbey Road“ dazu. In „Jacky“ geht’s ebenfalls (nur) um Drogen. „Greenstar©“ macht den gelungenen und ruhigen Abschluss des letzten Albums. Der letzte von 17 Titeln. „Bin ein Greenstar, neben Blackstar David Bowie, über uns der lila-gelbe Stern von Kobe. Mehr hab ich nicht. Mehr hab ich nicht zu sagen. Ich bin Marsi. Ich bin Marten.“
Fazit
Das war’s. Marsi fliegt zu seinem Heimatplaneten und die Erde hat Ruhe vor ihm (oder umgekehrt). Als Nicht-Kiffer sage ich: Schade! Mein erstes und wohl letztes Album von Marsimoto verabschiedet sich mit Keine Intelligenz. Denn diese sucht man manchmal vergebens und hatte ich in diesem Album gefunden. Der CD-Kauf hat sich gelohnt. Tschööö Marsi, mach es gut. Und Danke für dieses letzte Album.