Der Weltraum, unendliche Weite. Pragmatisch gesehen, ist der Weltraum eine langweilige und lebensfeindliche Einöde. Vakuum, tödliche Strahlung, gefährlich schnell fliegende Gesteinsbrocken, Gasriesen, kochend heiße leere Planeten… Ist es dennoch möglich, ein Sandbox-Game in einem Weltraumsetting zu entwerfen, welches den Anspruch stellt, möglichst Wert auf Realismus zu legen und von Sci-Fi Abstand zu nehmen?
Ich fange zunächst mit einer Klarstellung an: Space Engineers ist KEIN Spiel! Es will mal eines werden und es hat bisher brillante Ideen geliefert; aber derzeit ist es mehr ein Karteneditor, als ein echtes Spiel mit einer fertigen Spielwelt.
Zunächst: Woraus besteht das Spiel bisher?
Man wählt zuerst eine Map aus. Das klingt aufregender als es ist, da alle Maps nur dasselbe zufällig zusammengewürfelte Meteoritenfeld ist. Die Auswahl der Map beeinflusst nur, was um diese Gesteinsbrocken zusätzlich gespawnt wird. Schiffe, Schiffswracks, Stationen…
Die Anzahl der Meteoriten ist frei einstellbar von 4 zu 16 Stück, begrenzt aufgrund von Performanzproblemen, welche zurzeit alle voxelbasierten Games haben.
Während der Erstellung der Map hat man nun einige Optionen, welche die Spielephysik ändern.
Fügen Triebwerke im Weg liegenden Strukturen Schaden zu?
Soll die Welt zufällig unbemannte Schiffe spawnen, die durchs System treiben und wieder verschwinden?
Meteroitenschauer?
So kann man seine Erfahrung ganz nach seinem Belieben einstellen.
Startet man nun, wird man, je nach den Einstellungen, frei im Weltraum treibend gespawnt oder bekommt ein Starter-Raumschiff, welches dürftig als Anfangsbasis benutzt werden kann.
Der Hauptteil des Spiels besteht derzeit aus dem Kreativmodus. Wenn man bei diesem Namen an die „Minecraft“ Alpha denkt, liegt man genau richtig. Man hat einen ganzen Haufen Blöcke zur Verfügung, von denen die Wenigsten Wände, Panzerung und Verzierung darstellen. Stattdessen wird man von einer gigantischen Anzahl technischer Blöcke erschlagen. Triebwerke, mechanische Gelenke, Solarzellen, Reaktoren…es gibt einfach zu viel Kram. Und hier kommen die ersten Punkte, wo dieses Spiel völlig versagt:
1. Die Bauelemente sind im Auswahlfenster völlig ungeordnet.
2. Es wird nichts erklärt.
3. Eine platzsparende Optimierung fehlt.
So gibt es 3 verschiedene Cockpits, 2 Reaktorgrößen und eine unüberschaubare Anzahl an Bauteilen für ein internes Transportsystem für Rohstoffe.
Somit suggeriert das Spiel, es gäbe eine unüberschaubare Menge an Bauelementen, welche man bedenken sollte, obwohl das Spiel weniger komplex ist, als es aussieht.
Aber nun zu unserem Schiff, das wir sicherlich bauen wollen.
Technisch gesehen, besteht ein funktionsfähiges Schiff aus diesen Elementen:
– Cockpit
– Reaktor
– Gyroskop
– 6 Triebwerke
Fertig! Mehr braucht es nicht. Ein Sitzplatz zum steuern, eine Energiequelle (angereicherte Urankerne, nicht umweltfreundlich), ein Gyroskop, welches das Schiff stabil hält und je ein Triebwerk in jede Richtung.
Das ist nämlich wichtig. Bauteile in diesem Spiel sind nicht zur Show. Baut man ein Schiff und eine der 6 Seiten besitzt keine Triebwerke, kann man aus dieser Richtung keinen Schub geben. Schlimmer noch, man kann nach dem Beschleunigen nicht wieder abbremsen.
Um nun ein richtiges Schiff zu konstruieren, können wir Wände, Panzerung, Lagercontainer, Antennen und sogar bewegliche Scharniere und Kolben, seit neuestem sogar Räder hinzufügen.
Dabei wird unterschieden zwischen kleinen Schiffen, meist Einsitzer, und großen Schiffen, die man sogar innen begehen kann und welche wahrhaft gigantische Ausmaße annehmen können.
Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt und eine bequeme Einbindung des Steam-Workshop ermöglicht es, die eigenen Werke mit jedem teilen zu können.
Jedem ist sofort klar: Ja, der Workshop füllt sich mit rasendem Tempo mit 1zu1 Bauten von berühmten Sci-Fi-Filmen, Spielen, Nachbauten von Nasa Geräten und natürlich einer Vielzahl an kreativen Eigenkreationen.
So durfte ich mit großem Staunen einen 10:1 Nachbau der Ringwelt von Halo 1 erkunden, welche sogar dank künstlich hinzufügbarer Gravitation begehbar war. Eine einzigartige Erfahrung.
Auch viele Tüftler und Bastler sind dabei, welche Mechaniken entwickeln für automatische Hangartüren, Raketensilos, Enterschiffe und sogar eine völlig absurd wirkende gigantische Enterkralle, welche ausgeworfen werden kann um andere Schiffe festzuhalten. Daneben gibt es eine Vielzahl von Space-Rennstrecken.
Aber einfach nur Schiffe bauen kann doch nicht auf lange Zeit interessant sein, oder? Richtig! Daher wurde vor wenigen Monaten die Testphase des Multiplayers eingeleitet. Über die Zeit kamen Dedicated Server hinzu, um die Performance zu verbessern und ein gigantisches komplexes Faction-System, welches Clans, Freundschaften und Feindschaften, und sogar den Besitz von Raumschiffen oder deren Übernahme regelt. Im ebenfalls relativ neuen Survival-Modus können so Teams von Weltraumingenieuren einen Wettstreit um Meteoritenfelder führen, gemeinsam Großprojekte verwirklichen oder vernichtende Kriege gegeneinander austragen.
Denn dies ist die Stärke des Spiels, nach Meinung der Entwickler und Spieler. Jedes einzelne Element ist zerstörbar. Metall verbiegt sich und bricht, Triebwerke und Reaktoren explodieren und reißen große Löcher in die Hülle des Schiffs. Nach größeren Gefechten findet man sich teilweise tatsächlich in einem großen Feld aus umhertreibendem Schrott wieder. Es gibt nichts Erhebenderes als einen Kreuzer zu zerschießen, bis dieser in zwei Teile zerbricht und in den Tiefen des Alls verschwindet und nichts Traurigeres, als den eigenen Jet wie ein rohes Ei zerplatzen zu sehen.
Dabei verzichtet das Spiel komplett auf Laser und Schilde, sondern verwendet nur Metall und klassische kinetische Waffensysteme. Hierzu zählen auch automatische Geschütztürme, die sogar zur Raketenabwehr eingesetzt werden können.
Kommen wir zu den Problemen des Spiels:
Es ruckelt! Das sind zwei Worte, aber sie sind so erdrückend, dass sie fast das Spiel zum Erliegen bringen.
In einem Fall konstruierte ich eine 300 Meter lange Fregatte. Nach Fertigstellung der Außenhülle musste ich entnervt den Bau des Schiffes aufgeben, da meine fps-Zahl permanent in den Keller sank. Ich spreche wirklich von 5 Frames per second und einer trägen Bildbewegung, dass es mir graust und das auf einem Gaming Laptop, welcher zwar alt, aber beste Qualität von 2011-2012 besaß. Auf meinem neuen Gaming PC, erhalte ich eine fps-Zahl von 30 auf demselben „Space Engineers“-Schiff. Und immer noch die ruckelnde schwerfällige Bewegung. Offenbar ist die Engine des Spiels selbst an seiner Grenze. Gewisse detailreiche Elemente, wie die Innenwände der großen Schiffe, scheinen so viel Leistung zu ziehen, dass ein echtes Spielerlebnis unmöglich wird.
Wenn ihr keinen leistungsstarken PC besitzt, wird ab einer bestimmten Weltgröße euer PC schmelzen. Das ist einfach so. Dieses Spiel befindet sich in einer sehr frühen Entwicklungsphase und wird erst in den nachfolgenden Prozessen optimiert.
Des weiteren ist es absolut kundenunfreundlich. Ich bin ein schnell lernender Mensch, welcher keine Tutorials braucht, jedoch fühlte sich das Spiel am Anfang sehr schwer verständlich an. Neueste Funktionen wie Fraktionen oder mechanische Elemente habe ich mir nicht einmal angesehen, da sie zu unfertig wirken und unglaublich viel Zeit und Geduld brauchen, um sie richtig einzustellen.
Alles in diesem Spiel wirkt überaus kompliziert. Man benötigt viel Eigenmotivation, Kreativität und Entdeckergeist.
Ein weiterer negativer Punkt ist die schlechte Optimierung der Engine. „Space Engineers“ basiert auf einer eigenen Version der Havok-Engine und ermöglicht realistische Zerstörung. Jedoch passiert es oft, dass das Spiel nicht hinterherkommt. Zusammenstoßende Schiffe bringen den PC zum hängen, Raketen glitchen sich durch Wände und Drehelemente brechen bei zu schnellen Bewegungen vom Rest des Schiffes ab und verursachen schwere Schäden. Ebenso können aneinander andockende Schiffe ineinander glitchen und sich schwer beschädigen, oder kleinere Schiffe lösen sich vom Hangar eines großen Schiffs, rollen darin herum und schlagen dabei alles kurz und klein, als wären sie ein aggressiver Kettenhund, der die gebrachte Zeitung zerreißt. In den Anfängen des Spiels genügte es, dass in einem Multiplayerspiel jemand genügend Geschütze gleichzeitig abfeuerte, um den Server minutenlang aufzuhängen oder dauerhaft den PC des Hosts zu crashen.
Viele der Probleme haben sich bereits gebessert und man kann erkennen, dass sich das Spiel weiterentwickelt.
Ich persönlich sage, dass es sich derzeit dennoch nicht wirklich um ein Spiel handelt, sondern um eine Tech-Demo. Dennoch kann ich jedem, der gerne bastelt und dessen Traum es seit jeher war, sein eigenes Raumschiff zu bauen, „Space Engineers“ auch schon in seinem jetzigen Zustand wärmstens empfehlen.
Link: www.spaceengineersgame.com
—
Euer „Klingenmeister“
http://steamcommunity.com/id/Klingenmeister/recommended/
http://klingenmeister.deviantart.com/